Ein warmer Sommerhauch kam auf und ließ die Blätter rascheln. Tiere zwitscherten und flogen spielend umher. Mara atmete die frische Luft tief ein und öffnete ihre Augen, wobei ihr Blick sofort zu ihrer Freundin glitt, die neben ihr auf der roten Picknickdecke lag. Stille umhüllte die beiden Mädchen, aber es störte sie nicht. Sie konnten sich einfach mal entspannen, sich vom Schulstress erholen. Erinnerungen stiegen in Mara auf. Von ihrem ersten Treffen mit Sabrina bis zur Gegenwart. Seit damals hatte sie nichts mehr vergessen.
Die beiden gingen auf dieselbe Schule, sogar in den gleichen Jahrgang. Lange Zeit hatte sie Sabrina nur beobachtet und ihre Stärke bewundert. Sie war schön, mutig selbstbewusst. Doch Mara war zu schüchtern, um den Schritt zu wagen und sie anzusprechen. So vergingen erst einmal ein paar Jahre, ohne dass sie je ein Wort miteinander gesprochen haben.
Sie hatten schließlich das Glück auf ihrer Seite.
Freunde von Mara, die auch Sabrina kannten, stellten die beiden einander vor. Es war schwer für sie, das zu glauben. Sie hatte vor Schock und Schüchternheit nicht einmal ein „Hallo“ rausgebracht! Nach einigen Wochen taute sie schließlich auf, überwand ihre Schüchternheit für dieses eine Mal und schrieb Sabrina an. Je mehr die beiden sich voneinander erzählten, von ihren Ängsten vor Abwendung und anderem, desto stärker wurde ihre Freundschaft. Zwischen ihnen entstand ein Band und nichts vermochte es zu zerstören.
Eine der stärksten Erinnerungen, und auch eine der präsentesten, war die erste Übernachtung. Mara verbrachte ein ganzes Wochenende bei Sabrina. Sie hatte Angst vor ihren Eltern schief angesehen zu werden und auch wegen ihrem Plüschtiger ausgelacht zu werden. Sie hätte ihn liebend gerne zuhause gelassen, nur konnte sie ohne etwas im Arm nicht schlafen.
Wie sie dann aber aus dem Staunen nicht mehr raus kam!
Sabrina beherbergte in ihrem Bett mehr Kuscheltiere als Mara, und ihre Eltern waren großzügig und freundlich. Netter als ihre eigenen Eltern.
Die Tage verbrachten sie größtenteils mit Spielen und Gesprächen, denn ihnen gingen nie die Themen aus. Mara hatte sich wohl gefühlt und das tat sie noch immer.
Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen.
„Woran denkst du gerade?“, ertönte Sabrinas leise Stimme. Obwohl es erst später Nachmittag war, war sie bereits müde. „Gibt es da etwa einen Jungen?“
Mara lachte und drehte sich auf ihre Seite. Ihre Freundin imitierte sie und sie hielten einander an den Händen. Erneut frischte der Wind auf und setzte die Wärme von Sabrinas Körper im Gegensatz zu der angenehmen Kühle. Es kribbelte leicht in ihrem Herzen.
„Gäbe es da einen, hätte ich dir schon längst von ihm erzählt“, erwiderte sie. „Das weißt du doch.“
Sabrina nickte und schloss ihre Augen. „Ja, das weiß ich. Das tust du doch immer.“
Hier und jetzt, gemeinsam mit ihrer besten Freundin…
Das war Maras kleines Paradies.
Und es gab nichts, gegen das sie es jemals tauschen würde.